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Bären inklusive: Geburtstagsabenteuer am Yukon

Anlässlich des 40. Geburtstags eines Jugendfreundes brach Max Wagner mit sieben Freunden zum Trekking am Yukon auf – wie anders das Wandern in Alaska und Kanada ist, hatten sie sich vorher nicht vorstellen können.

„Wir sind total naiv da rübergeflogen. Wir dachten alle: Wir gehen zum Wandern und zum Zelten, sitzen gemütlich am Lagerfeuer. Die physische und mentale Anstrengung dieser langen Märsche hatten wir nicht auf dem Schirm – das war das Überraschende und auch Zehrende daran.“

Max Wagner und die sieben Freunde, mit denen er im Frühjahr 2023 nach Alaska zum Wandern aufbrach, sind keine Einsteiger. Alle hatten hochalpine Outdoorerfahrung in den Alpen, alle sind Skifahrer. Alle waren schon einmal in den USA gewesen, auch zum Campen, und kannten die Weiten Nordamerikas: „Ich war einmal nordwestlich von Boston, da kuckst du hundert Kilometer weit und siehst nur Wald, Hügel, Landschaft. Da ist nichts und niemand. Das gibt es in Europa gar nicht mehr. Insofern war Alaska nicht überraschend.“ Das Problem war ein anderes: „Man findet dort keine festen Wanderpfade vor, wie man sie aus den Alpen kennt. Es gibt dort weder Schilder noch Markierungen.“

Mit Traumwetter ging es los: Am Yukon wartete eine beeindruckende Landschaft auf die acht Freunde.

Zwölf Tage am Yukon – nur mit dem Nötigsten

Rückblende. Ein Jahr zuvor. Hannes, Max’ bester Freund und Nachbar aus Kindertagen, sieht am Horizont ein magisches Datum aufziehen: Er wird im April 2023 vierzig Jahre alt werden. Das will er feiern – mit seinen beiden Brüdern und den besten Freunden. Die Idee: Ein Outdoor-Trip nach Alaska. Minivan mieten, in Anchorage starten, Ziel in Whitehorse, der Hauptstadt des Yukon-Territoriums in Kanada. Der Rhythmus: Einen halben Tag Auto fahren, drei Tage wandern – und das dreimal: insgesamt drei mehrtägige Rundwandertouren und ein Tagestrip. Zwölf Tage am Yukon, nur mit den Klamotten, die sie am Leib haben, und einem Rucksack mit allem, was sie am Rücken tragen können – inklusive Zelten, Isomatten und Schlafsäcken. 

Max ist Inhaber einer Sektmanufaktur in St. Blasien im Schwarzwald. Der 39-jährige Vater dreier Kinder ist auch Jäger und war schon immer gerne draußen in der Natur. Er und Hannes sowie dessen Brüder Malte und Moritz sind gemeinsam in der Vulkaneifel aufgewachsen, zusammen mit Jugendfreund Christian, der ebenso auf der Reise dabei war wie drei Freunde aus Hannes’ späterem Umfeld: Burkhard, Simon und Tristan. Sie alle sind Ende dreißig oder Anfang vierzig, von Beruf Zahnarzt, Gastronom, Installateur, Unternehmer, Metallbauer, Brauereibesitzer und Wirtschaftsprüfer – „ein bunt gemischter Freundeskreis“, sagt Max.

Flussüberquerung: Ausgeschilderte Pfade sind am Yukon Mangelware, die Truppe musste sich ihren Weg selbst suchen.

Er kannte Simon schon von einigen Familienfesten, Burkhard und Tristan lernte er erst zwei Wochen vor der Abreise kennen. „Wir hatten aber schon im Jahr davor eine Whatsapp-Gruppe, in der wir viele Bärenvideos teilten oder die Ausrüstung koordinierten“, erinnert er sich. „Das war spannend zu sehen, wie diese acht Leute, die einen gemeinsamen Nenner in Hannes haben, miteinander auskommen würden.“

An Flussläufen durch die Wildnis

Für die erste Tour buchten sie zwei Nächte in einer kleinen Hütte an einem See. „Da waren nur Holzpritschen drin, auf die du deine Isomatte legen konntest. Man konnte ein Feuer machen und Wasser aus dem See abkochen“, so Max. Die folgenden Touren blieben gänzlich ohne Wanderpfad, es ging meist an Flussläufen entlang durch die Wildnis.

Panoramablicke über Berge, Seen und Tundra: Natur pur!

Ein Jahr lang hatten sie sich auf die Reise und die Wanderungen vorbereitet. „Wir hatten zum Beispiel ein Buch, in dem eine Bergtour beschrieben wurde und der Ausgangspunkt, an dem man das Auto stehen lässt. Aber je nach Strecke brauchst du für die Wanderung dann zwei oder vielleicht auch drei Tage – abhängig von Wetter, Jahreszeit, Schneeschmelze und Pegel der Flüsse“, erklärt Max. Womit sie auch nicht gerechnet hatten: Wie schwierig das Gehen wird, wenn es keine angelegten Wanderwege gibt. „Erst dachten wir, es sei supercool, durch Tundra zu laufen. Aber dann haben wir festgestellt, dass es das Furchtbarste ist, auf dem man gehen kann, weil man sich nur über Grasbüschel fortbewegt: Entweder balancierst du darauf oder läufst unten dazwischen durch die Matsche.“

Bei der ersten Tour querten sie einige Schneefelder. Max kann schlecht abschätzen, wie viele Höhenmeter sie absolvierten: „Es ist nicht wie in Europa, wo die Baumgrenze bei 2000 Meter liegt – dort ist sie eher bei 1500 Meter.“ Im Schnitt legten sie bei ihren Touren am Tag Distanzen zwischen zwölf und vierzehn Kilometer zurück. „Zwei bis drei Stundenkilometer Durchschnittsgeschwindigkeit – das zehrt mental, wenn es keine Pfade gibt und du querfeldein läufst.“

Gut gelaunt trotz des schwierigen Untergrunds: Die acht verstanden sich während der Tour prächtig.

„Man läuft wirklich durch Urwald.“

Mit dem Wetter hatten sie Glück: Temperaturen um die 18 Grad, oft bedeckt, freundlich-gräulich, weniger Regen als angekündigt. Erst an den letzten Tagen regnete es manchmal fünf oder sechs Stunden durch. Er beschreibt alle bis auf Christian, der viel Leistungssport treibt, als durchschnittlich körperlich fit. „Abends waren wir körperlich wirklich müde“, so Max.

Landschaftlich fand Max den Unterschied zum Schwarzwald gar nicht so groß, mit Ausnahme der stets beeindruckenden Gletscherkulisse im Hintergrund. Und: „Man läuft wirklich durch Urwald. Es gibt keine Stelle, wo kein Moos ist. Es ist alles so alt! Da trittst du auf einen Baumstamm und der zerfällt unter deinen Füßen zu Staub, der lag da jahrzehntelang!“

Fundstück am Weg: Dieses Reisesouvenir war leider zu groß zum Mitnehmen.

Die Ausrüstung für die Reise stammte aus ihren eigenen Beständen, doch zum Teil hatten sich die Freunde auch neu ausgestattet. Max trug als Wanderhose die Fjällräven Barents Pro Trousers, einige der anderen hatten die Keb Gaiter Trousers aus G-1000 mitgenommen und waren von deren seitlichen Belüftungsschlitzen sehr angetan. Am Oberkörper hatte Max meist ein Merino-Shirt und ein Fjällräven Hemd an, darüber eine Weste oder ein Fleece oder beides. Bei Regen zogen sie einen Poncho über sich und den Rucksack, um trocken zu bleiben. „Der Poncho war wirklich beeindruckend, auch bei Starkregen“, lobt Max. „Und um den Kajka Rucksack haben mich die anderen sehr beneidet, vor allem wegen der Öffnung von vorne. Alles ist irre gut zugänglich, toller Tragekomfort, extrem angenehm einzustellen, von der Handhabe perfekt!“ Alle acht hatten sich zudem den Marlin Mosquito Hut mit dem Fliegennetz zugelegt. „Da haben wir uns einen Spaß gemacht: Jeder musste den haben. Aber in der Tat: Bei der Rast an Flüssen haben wir das Netz runtergelassen und uns vor Moskitos geschützt. Das hat gut funktioniert!“

Der Fjällräven Marlin Mosquito Hut leistete vor allem an Gewässern gute Dienste.

Die Truppe übernachtete gewöhnlich im Zelt. In den Nächten trug Max Skiunterwäche und eine Mütze, die er zur Verdunkelung über die Augen zog: „Es wurde nachts nie dunkel. Das hatte keiner von uns vorher auf dem Schirm.“

Womit er auch nicht gerechnet hatte: Dass es in einer solchen bunt gemischten Gruppe keinen Streit gibt. „Rückblickend gab es keine einzige Situation, in der sich zwei Personen auch nur annähernd in die Haare gekommen wären“, berichtet er. „Es war ein absolutes Miteinander.“ Er führt das darauf zurück, dass der Trip sehr anstrengend war – und zwar nicht nur körperlich, sondern auch mental. „Man läuft ja nicht nebeneinander her und unterhält sich. Man ist lange Strecken nur mit sich alleine beschäftigt.“

Bärenspuren überall

Dazu kam etwas, über das sie sich vorher im Chat noch eher lustig gemacht hatten: die Nähe von Bären, die zu einer ständigen latenten Anspannung führte. „Du kommst immer an irgendwelchen Bärenhaufen vorbei, manchmal ganz frische Spuren.“ In der Zivilisation sei überall gewarnt worden: Man dürfe die Bären nicht überraschen. Zudem herrschte gerade Paarungszeit, die Tiere waren erst seit einem Monat aus dem Winterschlaf aufgewacht.

Das Gegenrezept: Man muss laut sein! „Hannes, Christian, Malte und ich sind immer als Erste vorgegangen. Das war wirklich anstrengend. Nach einer Stunde hast du keinen Bock mehr, mit der Klingel Lärm zu machen oder mit dem Stecken irgendwo dagegenzuhauen.“

Die Maßnahme funktionierte. Nur während der Autofahrten begegneten sie Bären. „Der erste sah erstaunlich böse aus, um ehrlich zu sein“, erinnert sich Max. „Es war ein Braunbär, der konstant gefressen hat. Irgendwann schaute er hoch, und wir sind total erschrocken, weil er gar nicht wie ein Teddybär aussah, sondern ein ziemlich schmales, fast wolfsähnliches Gesicht hatte.“ Auch eine Braunbärenmutter mit Kindern äste einmal am Straßenrand, zudem sahen sie Schwarzbären im Wald verschwinden sowie eine Elchkuh mit Kalb und einen Wolf, der die Straße kreuzte.

Kein Teddybär: Kuscheln verboten.

Ein weiterer mentaler Stressfaktor: Aufgrund der fehlenden Markierungen wussten sie trotz Karte und Kompass nie hundertprozentig sicher, wo es langgeht. „An einem der letzten Tage mussten wir wegen des Regens entscheiden: Entweder wir gehen den Weg zurück, den wir gekommen sind, das wäre aber irgendwie langweilig. Oder wir laufen Luftlinie, ohne jedoch zu wissen, wie sich die Topografie entwickelt. Oder wir wählen den ‚sicheren‘ Weg, den Fluss entlang und der Karte nach. Das war aber der längste Weg.“

Die Entscheidung überließen sie wie meist Hannes, dem Geburtstagskind. „Wir hatten eine ‚diktatorische Demokratie‘: Jeder darf mitreden, aber am Ende entscheidet einer“, lacht Max. Sie gingen den Bachlauf entlang.

Weiche Knie am Abhang

Während der zwölf Tage gerieten sie in drei Situationen, die Max als herausfordernd oder sogar lebensbedrohlich empfand. An einer Stelle mussten sie beispielsweise einen Geröllhang queren, der über eine Länge von fünf Metern während des Gehens leicht abrutschte. Zehn Meter weiter unten ging der Hang in eine senkrechte Steilwand über, die 15 Meter tiefer in einem Eisbach endete. Sie mussten während des Abrutschens unbedingt immer weiter laufen, um die sichere Seite zu erreichen: „Das war krass. Da habe ich das erste Mal weiche Knie bekommen.“ Oder ein grasbewachsener Berghang, relativ steil, mehrere hundert Meter lang. Teilweise mussten sie auf allen Vieren hinaufkriechen. Ein Fehltritt, und man gleitet den Berg hinunter, mit akuter Lebensgefahr. „Da begann dann das Kopfkino“, gesteht Max. „Das waren wir danach froh, dass es gutgegangen ist.“

Der Yukon - unendliche Weiten!

Auch mit einer Verletzung hatten sie zu kämpfen, bereits nach eineinhalb Wandertagen: Sie mussten über einen Bach springen und hatten die Rucksäcke schon vorab hinübergeworfen.  Malte knickte bei der Landung mit dem Fuß weg: Alles blau und dick, Bänderschaden. „Die Gruppe reagierte total stark“, freut sich Max heute noch. „Wir haben den Inhalt seines Rucksacks auf die anderen sieben Rucksäcke verteilt.“ Malte konnte humpelnd leicht auftreten und lief die restlichen Tage ohne Rucksack. Dennoch ein Warnschuss: Ein Bein brechen oder ernsthafte Fehler machen darf man auf einer solchen Tour nicht. „Es kommen hier immer wieder Menschen ums Leben, darüber muss man sich klar sein“ betont Max.

Der Trip an den Yukon hat ihn nachhaltig verändert: „Es war kein gemütliches Spazierengehen, sondern eine richtig interessante, herausfordernde, zehrende, physisch und mental anstrengende Reise! Ich bin überhaupt nicht spirituell – aber dieser Trip hat mir langfristig sehr viel gegeben!“

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Von Sebastian Ring
Sebastian Ring ist freier Journalist im Bereich Outdoor und Actionsport und findet Wandern einfach bärig.

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